Tempora mutantur….
1959 – Willy „Jimmy“ Oechslin war lediglich 15-jährig als er von der Zürcher Polizei ein Rayonverbot in der Stadt Zürich erhielt.
Ursachen dafür waren die folgenden „Verbrechen“:
1. Fälschung der Identifikationskarte durch falsche Geburtsjahr-Angabe um den Eintritt zu Westernvorstellungen in Kinos zu ermöglichen
2. Benutzung eines fremdes Motorrades
3. Unberechtigter Eintritt in ein Gartenhaus und Veranstaltung einer Party darin
Oechslin war ausserdem eine der führenden Kräfte der sog. „Halbstarken“, einer Jugendgruppe, die das Zürcher Bürgertum schockierte. Ihre Taten waren wahrhaftig „haarsträubend“, sie sassen untätig Zigaretten rauchend, Bier trinkend , seltsame Kleidung tragend und laute Musik hörend herum. Sie waren jedoch Pioniere der Jugendkultur, die als erste eine Rebellion gegen die Gesellschaftsnormen starteten. Das hat natürlich die Erwachsenenwelt des Nachkriegs-Zürich erschüttert.
James Dean und Marlon Brando waren die Idole dieser Jugendlichen. Das haben sie mit ihrer Kleidung betont. Sie verliessen ihre Wohnungen in korrekten, braven Kleidern und zogen sich die Jeans, bis zu Taille geöffneten Hemden, Cowboy-Stiefel und auffallenden Gürtel in einer öffentlichen Toilette an. Genau wegen solcher Kleidung wurde Oechslin in Luzern direkt auf dem Bahnhofsperron verhaftet.
Sein Vorgesetzter auf der Baustelle stellte ihn vor die Wahl: Haarschnitt oder Kündigung. Seine Haare haben natürlich unveränderte Länge behalten.
„Die Riviera“ war In Zürich der beliebteste Treffpunkt von Halbstarken – das Limmatufer am Bellevue. Sie stellten keine politischen Forderungen und waren sehr selten in Schlägereien verwickelt, aber sie provozierten mit ihrem Aussehen und Verhalten und dies reichte für eine intensive Beobachtung.
Letztlich ist Oechslin in einer Erziehungsanstalt in Tessenberg am Bielersee gelandet. Für das Zuspätkommen aus einem bewilligten Ausgang wurde er einige Male mit Kahlscheren bestraft. Nach drei Jahren verliess Oechslin diese Institution mit einem Schlosserdiplom in der Tasche. Er hat auch Guitarrespiel dort gelernt und verlor seine rebellische Züge. Er hat sich angepasst.
Und wie beurteilen wir diese Vorkommnisse heute? Im Vergleich mit Chaoten des Schwarzen Blocks oder mit den fanatischen Fans des Fussballs?
(Fragmente des Artikels von Beat Metzler im TA vom 22.10.11 – „Er war der öffentliche Feind“)